Einfache Sprache: worauf es ankommt

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Im Sinne der Inklusion haben alle Menschen ein Recht darauf, Informationen zu verstehen. Jedoch sind offizielle Texte vielfach sehr komplex und unzugänglich. Einfache Sprache will das ändern. Sie berücksichtigt ihre Zielgruppe und deren Vorwissen und passt sich dahingehend an. Einfache Sprache ist sehr flexibel und erlaubt, Texte variabel anzupassen, ohne wichtige Inhalte zu verlieren. Sie ist außerdem ein zentrales Kriterium für eine barrierefreie Website. Wir zeigen dir, worauf du beim Verwenden von einfacher Sprache achten musst.

Was ist Einfache Sprache und warum gibt es sie?

Einfache Sprache vereinfacht die Standardsprache, um die Verständlichkeit und Barrierefreiheit von Informationen zu erhöhen. Wer Texte nicht versteht, wird in Bereichen des öffentlichen und sozialen Lebens ausgeschlossen und hat nur eine eingeschränkte gesellschaftliche Teilhabe. Einfache Sprache wirkt dem entgegen. So können Menschen selbstbestimmte und informierte Entscheidungen treffen.

Wer profitiert von Einfacher Sprache?

Kurz gesagt: alle. Einfache Sprache macht Wissen zugänglicher und bereitet Informationen verständlicher auf. Ein Text in Einfacher Sprache nutzt klare und eindeutige Formulierungen und kommt folglich allen Menschen zugute.

Allerdings gibt es Personengruppen, die einen besonders großen Nutzen aus Einfacher Sprache ziehen:

Das sind Menschen...

  • mit geringen Deutschkenntnissen.
  • die sich mit komplizierten Informationen schwertun.
  • die wenig ausgeprägte Lesefähigkeiten haben.
  • deren Sprachkompetenzen gering sind.
  • die Analphabet:innen sind.
  • die eine geringe Schulbildung haben.
  • deren Erstsprache Gebärdensprache ist und dadurch Einfache Sprache besser verstehen können.

Weitere Vorteile der Einfachen Sprache

Einfache Sprache ist nicht nur wichtig für die Verständlichkeit, sondern auch Voraussetzung für inklusive Bildung. Lernmaterialien, Fachartikel u.Ä., die in Einfacher Sprache verfasst sind, erleichtern den Zugang zu Wissen und bauen Barrieren ab. So entsteht eine niederschwellige Lernkultur und schafft einen offenen Raum, in dem sich alle Menschen willkommen fühlen.

Ferner kann Einfache Sprache ungeübte Leser:innen motivieren, mehr zu lesen. Das fördert die Lesekompetenz, während komplizierte Texte oft frustrieren und zum Aufhören verleiten. Einfache Sprache sorgt für ein Erfolgserlebnis, da alle Informationen verstanden werden können.

Das Sprachniveau der Einfachen Sprache orientiert sich an B2, denn im deutschen Sprachraum verstehen knapp 90 % der Menschen die Sprachstufen A1-B2. Hingegen können nur etwa 8 % Texte auf den höheren Sprachstufen C1 und C2 vollständig erfassen. Viele Informationen auf Webseiten von Behörden und Unternehmen sind auf C1- oder C2-Niveau. Das hat zur Folge, dass ein Großteil der dort verfügbaren Inhalte nicht verstanden wird. Stehen Texte in Einfacher Sprache zur Verfügung, haben Menschen weniger Schwierigkeiten an Informationen zu gelangen und Missverständnisse sowie ein erhöhtes Aufkommen an Nachfragen könnten reduziert werden.

Tipps für Einfache Sprache

Einfache Sprache wird auch als bürger:innennahe Sprache bezeichnet, da Informationen eines Textes in Alltagssprache vermittelt werden. Die Sätze sind kürzer und einfacher als in der Standardsprache, um verständlichere Kommunikation zu ermöglichen. Folglich sollen Informationen für alle zugänglich sein und nicht nur für Fachleuten oder Menschen mit hoher Sprachstufe.

Grundsätze

Momentan gibt es keine gesetzlich verankerten Leitlinien, dementsprechend handelt es sich um Empfehlungen. Allerdings wurde im Frühjahr 2024 die DIN 8581-1 veröffentlicht, die die ersten Vorgaben festhält. Insbesondere die Erwartungen, der Kontext und das Vorwissen der Zielgruppe müssen Berücksichtigung finden.

  1. Relevanz: Die Leser:innenschaft erhält, was sie braucht.
  2. Auffindbarkeit: Die Leser:innenschaft kann leicht finden, was sie braucht.
  3. Verständlichkeit: Die Leser:innenschaft kann verstehen, was sie findet.
  4. Verwendbarkeit: Die Leser:innenschaft kann die Informationen einfach verwenden.

Satzbau

Für den Satzbau gibt es Regeln:

  • Halte die Sätze möglichst kurz (10–11 Wörter). Deine Satzstruktur muss logisch nachzuvollziehen sein.
  • Verwende möglichst nur Hauptsätze. Falls du Nebensätze brauchst, sollten diese trotzdem nicht länger als 15 Wörter sein.
  • Die Verwendung leicht verständlicher Wörter wird empfohlen. Orientiere dich an der Alltagssprache, die den Grundwortschatz abbildet.
  • Achte auf eine korrekte Zeichensetzung und dialektfreie Rechtschreibung.
  • Vermeide Negationen.
  • Vermeide Fremdwörter. Geht es nicht ohne, erkläre diese. Stelle ein Glossar für Fach- und Fremdwörter zur Verfügung.
  • Pro Satz wird nur eine Idee, Information, Gedanke etc. geteilt.
  • Vermeide Sonderzeichen und schreibe Abkürzungen aus.
  • Formuliere Sätze im Aktiv und vermeide Passivkonstruktionen. Nutze den Konjunktiv selten. Verwende keine Nominalisierungen.
  • Ironie/Sarkasmus, Redewendungen, Metaphern u. Ä. solltest du nicht nutzen.

Gestaltung

Ebenso solltest du bei der Gestaltung des Textes einiges beachten:

  • Verwende durchgehend eine Schriftart. Nutze gut lesbare Schriftarten, die ohne Serife auskommen. Die empfohlene Schriftgröße ist 14 Punkt oder größer.
  • Verwende einen Zeilenabstand von 1,5 oder mehr.
  • Dein Text sollte linksbündig sein.
  • Strukturiere deinen Text, indem du kurze Überschriften und kleine Absätze verwendest. Die einzelnen Abschnitte sollten leicht erkennbar sein und logisch aufeinanderfolgen. Das erhöht die Übersichtlichkeit.
  • Illustrationen, Fotos und Bildunterschriften unterstützen beim Verständnis und ihre Verwendung ist empfohlen. Sie sind in der Einfachen Sprache jedoch optional.

Abgrenzung zur Leichten Sprache

Einfacher und Leichte Sprache sind nicht dasselbe, auch wenn sie oft verwechselt werden. Beide zählen sie zu den leicht verständlichen Sprachen und haben zum Ziel, die Verständlichkeit von Texten zu erhöhen. Einfache und Leichte Sprache folgen jedoch anderen Regeln und richten sich an verschiedene Zielgruppen.

Leichte Sprache entstand, um Informationen verständlich an Menschen mit geistiger Behinderung und Lernschwierigkeiten zu kommunizieren und ist ein integraler Bestandteil von Inklusion und Barrierefreiheit. Mittlerweile bieten Behörden, Städte und Gemeinden zunehmend Inhalte auf ihren Webseiten und Apps in Leichter Sprache an, um leicht verstehbare Informationen für alle bereitzustellen.

Das Regelwerk der Leichten Sprache wird vom Netzwerk Leichte Sprache (Webseite: Netzwerk Leichte Sprache) herausgegeben. Verfasst wurde es von Menschen mit und ohne Lernschwierigkeiten, die selbst Leichte Sprache nutzen. So soll sichergestellt werden, dass in Leichter Sprache verfasste Texte tatsächlich für Menschen, die darauf angewiesen sind, verständlich sind. Zudem gibt es Empfehlungen hinsichtlich Datumsangaben, Telefonnummern oder Uhrzeiten. Die genauen Empfehlungen sind abhängig von den jeweiligen Adressat:innen und können daher variieren.

Vorgaben der Leichten Sprache

Leichte Sprache hat klare Regeln und ist maximal vereinfacht. Einen Text in Leichter Sprache zu verfassen, ist anspruchsvoll und bedarf eines Studiums oder Fortbildung in diesem Bereich. Das Netzwerk Leichte Sprache bietet solche Kurse an. Die Zielgruppen Leichter Sprache sind sehr heterogen, weshalb eine genaue Definition der Adressat:innen unerlässlich ist. Leichte Sprache richtet sich an etwa 5% der Bevölkerung. Da Leichte Sprache vorwiegend für Personen gemacht ist, die eine geistige Behinderung haben, müssen Zusammenhänge Schritt für Schritt erklärt werden.

Die Einfache Sprache hingegen ist komplexer und stellt im Gegensatz zur Leichten Sprache eine Form der Standardsprache dar. Sie ist näher am Originaltext und auch nicht sofort als leicht verständliche Sprache erkennbar. Texte in Einfacher Sprache enthalten die gesamten Informationen, während Texte in Leichter Sprache nur die wichtigsten Inhalte wiedergeben.

Regeln der Leichten Sprache

  • Nutze Aufzählungen oder Nummerierungen, um Texte in einfacher Sprache zu strukturieren. Satzteile, die zueinander gehören, schreibst du in eine Zeile.
  • Lange, zusammengesetzte Wörter teilst du am besten mit einem Bindestrich, z. B. Fußball-Stadion
  • Falls ein Seitenwechsel stattfindet, wird der Satz nicht getrennt, sondern als Ganzes auf der neuen Seite begonnen. Bei Absätzen gehst du genauso vor.
  • nach jedem Satzzeichen wird eine neue Zeile begonnen
  • Bilder und Illustrationen sind bei der Gestaltung ein Muss und werden genutzt, um das Verständnis zu erhöhen. Sie dienen nicht der Deko.
  • kein Konjunktiv, kein Genitiv, kein Passiv
  • keine Nebensätze
  • Anzahl der Beistriche so gering wie möglich
  • eine Information pro Satz
  • max. 8 Wörter pro Satz
  • keine Fremdwörter
  • große Schrift
  • keine hohen Zahlen & Jahreszahlen: stattdessen: "viel" oder "vor langer Zeit"

Beispiele Einfache Sprache vs. Leichte Sprache

Beispiel Wetter

Einfache Sprache

Es wird morgen sehr heiß werden, also denke daran, eine Wasserflasche mitzunehmen.

Leichte Sprache

  • Morgen wird es heiß.
  • Nimm eine Wasserflasche mit.
  • Sonst hast du Durst.

Beispiel Ärzt:innenbesuch

Einfache Sprache

Die Nachbarin von Anna muss zum Arzt, weil sie seit Tagen Fieber hat.

Leichte Sprache

  • Die Nachbarin von Anna ist krank.
  • Sie hat Fieber.
  • Sie geht zum Arzt.

Kritik an der Leichten Sprache

Kritiker:innen von Leichter Sprache geben zu bedenken, dass diese ungewollt zur Exklusion führen könnte. Da Leichte Sprache Informationen stark vereinfacht, besteht die Gefahr der übermäßigen Simplifizierung und kann den Anschein erwecken, Menschen mit geistiger Behinderung nicht ernst zu nehmen.

Auch das Schaffen neuer Sprachregeln, wie das Teilen von Wörtern durch einen Bindestrich, wird nicht immer für positiv befunden. Eine Sprache, die nur für bestimmte Menschen gilt, ist nicht inklusiv. Zudem wird kritisiert, dass sich Leichte Sprache zu sehr an Defiziten orientiere und somit verkenne, dass Lesefähigkeiten und sprachliche Kompetenzen durch entsprechende Förderung verbessert werden könnten.

Zwar gibt es ein Regelwerk für Leichte Sprache, welches vorgibt, dass Texte in Leichter Sprache nur offiziell als solche bezeichnet werden dürfen, wenn sie von einer Prüfgruppe begutachtet wurden, aber in der Praxis wird diese Überprüfung oft ausgelassen. Ohne die Prüfung durch die dafür vorgesehenen Gruppen bleibt die Qualität der Texte ungesichert und es besteht das Risiko, dass sie nicht den Standards der Leichten Sprache entsprechen.

Fazit

Einfache Sprache hilft dabei, die Teilhabe von Menschen im öffentlichen Leben zu erhöhen. Wenn Texte schwer zu verstehen sind, geht viel an wichtigen Informationen verloren. Einfache Sprache macht es möglich, dass alle Menschen Texte lesen und verstehen können. Der Zugang zu verständlichen Texten ist unerlässlich, um Teil der Gesellschaft zu sein, egal über welches Sprachniveau die Personen verfügen.

Wichtig ist, den Unterschied zwischen Einfacher und Leichter Sprache zu kennen: Während Einfache Sprache allgemein verständliche Texte für viele Menschen bieten soll, ist Leichte Sprache speziell für Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geistigen Behinderungen gedacht und folgt strikten Vorgaben.

Insgesamt ist Einfache Sprache ein wichtiges Mittel, um Inklusion, Barrierefreiheit und effektive Kommunikation zu fördern.

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datenwerk | Team Farner