ATAG 2019 – Die Konferenz zum Thema "Digitale Barrierefreiheit"

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Wer unsere Arbeit im datenwerk verfolgt, weiß, dass digitale Barrierefreiheit bei uns ein großes Thema ist. Daher war ich als zertifizierte Expertin für Web-Accessibility natürlich wie jedes Jahr wieder beim ATAG – der größten Konferenz für Barrierefreiheit in Österreich.

Anders als in den letzten Jahren fand der ATAG dieses Jahr in der „Sky Stage“, ganz oben im 19. Stock, des Tech Gate Vienna statt. Bei gutem Kaffee und einem atemberaubenden Ausblick wurden nicht nur altbekannte Accessibility Themen wie Typografie, PDFs und der Performance besprochen.

Auch die neusten Errungenschaften im Bereich Barrierefreiheit wurden vorgestellt: Neue Apps für Menschen mit Beeinträchtigungen und die neu eingerichtete Monitoring- und Beschwerdestelle der FFG.

Die für mich spannendsten Vorträge stelle ich euch hier kurz vor.

Typografie – Erste Hilfe bei barrierefreien Texten

Wie auch schon in den Jahren zuvor, bot der diesjährige ATAG viele nützliche Tipps und Tricks zum Erstellen von barrierefreien Webseiten. Bei der Gestaltung des Inhalts steht vor allem eines im Vordergrund: Der Text. Dieser soll für alle gut lesbar und einfach zu erfassen sein.

Tipps zur Schriftwahl

Ganz wichtig für die Auswahl der richtigen Schriften ist zu allererst den Unterschied zwischen Display-Schriften und Leseschriften zu berücksichtigen.

Display-Schriften sind modische und ausgefallene Schriften, die sich nur für Überschriften und andere kurze Texte mit großer Schriftgröße eignen. Für den eigentlichen Text der Webseite sollte man eine eher "langweilige" Schrift wählen, die einen guten Lesefluss ermöglicht und nicht ablenkt.

Dies ist nicht nur für Menschen mit Sehbehinderungen wichtig – wir alle können Inhalte besser erfassen, wenn man diese einfache Regel berücksichtigt.

Harmonische Maße

Hat man die richtigen Schriften für seine Webseite gefunden, kann man sich als nächstes um deren Maße wie Schriftgröße und Line-Height kümmern. Auch diese tragen maßgeblich zur besseren Wahrnehmung deiner Texte bei. Der Vortragende, Oliver Schöndorfer, empfiehlt dir folgendes stets zu beachten:

  • Die Schriftgröße sollte immer an die Distanz von Nutzern zum Medium angepasst werden (responsive)
  • Der Fließtext sollte mindestens 16 Pixel groß sein
  • Die ideale Zeile ist zwischen 60 und 80 Zeichen lang
  • Je länger die Zeile, desto höher sollte die Line-Height sein (bei voller Layoutbreite mindestens 1.5)

Gefährlicher Blocksatz

Auch zum Blocksatz hat der Vortragende eine klare Meinung:

  • Keinen Blocksatz verwenden
  • Niemals
  • Nein, auch dann nicht! ;)

Das liegt nicht nur daran, dass der Blocksatz einfach nicht auf eine moderne Webseite passt. Vor allem auf kleineren Displays wird Blocksatz zu einem schwer lesbaren Wort-Salat, der aus einem Lesefluss einen Lese-Hindernislauf macht.

Performance und Barrierefreiheit

Wie auch bei der Typografie, betrifft das Thema Performance nicht nur die Barrierefreiheit einer Webseite. Gute Performance erleichtert schließlich nicht nur die Verwendung assistiver Technologien für Menschen mit Beeinträchtigungen, sie bringt für uns alle eine bessere User Experience.

Mit der steigenden Komplexität von modernen Webapplikationen wird das Thema Performance immer wichtiger. Besucher einer Webseite entscheiden innerhalb von Sekunden, ob sie weiter auf der Webseite bleiben wollen. Um die Nutzerinnen und Nutzer nicht an die Konkurrenz zu verlieren, muss deine Applikation also ein gewisses Level an Performance bieten können.

Doch wie bringst du in Erfahrung, wie performant deine Webseite ist? Und wie kannst du ihre Performance und Barrierefreiheit verbessern?

Lighthouse – ein Tool zur Qualitätsverbesserung

Ein gutes Tool, um einen Überblick über die Qualität einer Webseite zu erhalten, ist das Add-on "Lighthouse" für den Browser Chrome.

Lighthouse bietet die Möglichkeit, jede beliebige Webseite im Hinblick auf Performance und Barrierefreiheit zu testen. Auch die wichtigen Bereiche SEO und Best Practice bei der Umsetzung stellt der Lighthouse Report dar.

Auf die leicht lesbare Auswertung der gewählten Webseite folgen Verbesserungsvorschläge zu jedem einzelnen Thema. Das Tool kann natürlich nicht 100% aller Bereiche mit Verbesserungspotential finden. Manche Dinge, wie zum Beispiel die Textverständlicheit, müssen immer noch von Menschen geprüft werden. Trotzdem ist es ein praktischer Weg, um einen Eindruck zu gewinnen, wo und vor allem wie die Qualität der Webseite gesteigert werden kann.

Häufige Fehler, die die Performance einer Webapplikation negativ beeinflussen, sind:

  • Zu viel Einsatz von JavaScript
  • Zu große Bilder
  • Unbenutzter Code (CSS & JavaScript)
  • zu wenig oder kein Caching
  • zu komplexe DOM-Strukturen (HTML Code)
Auszug aus einem Lighthouse Reports im Bereich Performance

Monitoring- und Beschwerdestelle der FFG

Es wurden aber nicht nur Tipps und Tricks zur Erstellung barrierefreier Webseiten am ATAG präsentiert. Auch die neue Monitoring- und Beschwerdestelle der FFG hat sich vorgestellt. Die Vortragende bot einen interessanten Einblick, wie in Zukunft mit Verstößen bei digitaler Berrierefreiheit umgegangen wird.

Ein Gesetz, das den barrierefreien Zugang zu Webseiten bestimmter Einrichtungen vorschreibt, gibt es bereits seit 2016. Kontrolliert hat das bislang jedoch niemand. Das hat sich nun geändert! Im ersten Überwachungszeitraum von 01.01.2020 bis 22.12.2021 werden stichprobenartig die ersten Webseiten, sowie mobilen Applikationen, von der FFG auf Barrierefreiheit getestet. Aus den Resultaten werden dann Berichte für die Europäische Kommision erstellt.

Doch nicht nur die bisher fehlende Kontrollstelle wurde eingerichtet, auch bietet die FFG jetzt eine offizielle Beschwerdestelle an.

War es einem Menschen aufgrund einer Beeinträchtigung nicht möglich, eine Webseite des Bundes zu bedienen, gab es keine offizielle Stelle, an die man sich mit seinem Problem wenden konnte. Wird nun auf eine Beschwerde an die betroffenen Webseitenbetreiber nicht zufriedenstellend reagiert, können sich Nutzerinnen und Nutzer online via Beschwerdeformular an die FFG wenden. Diese leitet anschließend weitere Schritte ein oder verweist an die zuständige Stelle. Damit stehen Menschen mit Beeinträchtigungen, die sich im Web ausgeschlossen oder diskriminiert fühlen, nun endlich nicht mehr alleine da.

Mein Fazit

Digitale Barrierefreiheit ist längst kein in sich geschlossenes Thema mehr. Ist deine Webseite auf Barrierefreiheit optimiert, profitieren meist alle Nutzer und Nutzerinnen davon. Deine Applikation ist ansprechender, schneller und leichter verständlich. Daraus ergibt sich eine höhere Reichweite, sowie mehr Kundenzufriedenheit. Das ist letztendlich doch das größte Ziel aller Webseitenbetreibenden.

Wenn du bei der Umsetzung deines barrierefreien Web-Projektes Unterstützung brauchst, oder Fragen zum Thema Barrierefreiheit hast, sind wir gerne jederzeit für dich da! Schreib uns einfach direkt an office@datenwerk.at.

datenwerk | Team Farner