Eine KI, die sich auf Social Media präsentiert und der tausende Menschen begeistert folgen, klingt wie aus einem Science Fiction Film. Aber tatsächlich gibt es schon seit mehreren Jahren virtuelle Influencer, die wie echte Influencer Ausschnitte aus ihrem „Leben“ teilen und dabei einen Menschen simulieren. Immer mehr Unternehmen nutzen diese neue Art von Influencern, um ihre Produkte zu bewerben. Hier bekommst du einen aktuellen Überblick und erfährst welche Rolle dabei KI spielt.
Virtuelle Influencer vs. KI Influencer
In vielen Artikeln werden virtuelle Influencer und KI Influencer als Synonyme verwendet. Das kann zu Irrtümern führen, da man so den Eindruck bekommt, dass hinter virtuellen Influencern eine KI steckt. Virtuelle Influencer sind zwar computergeneriert und haben auch oft „Ai“ in ihrem Namen, aber sie werden entweder ganz oder teilweise von Menschen gesteuert. Vollständige KI Influencer gibt es nach virtualhumans.org noch nicht. Trotzdem zeigen virtuelle Influencer besonders in der Zeit des Aufschwungs von immer fortschrittlicheren KIs wie ChatGPT, was in Zukunft für eine KI möglich sein wird und dass die Realität von vollständigen KI Influencern nicht mehr so weit entfernt ist.
Beispiele
Am bekanntesten ist wohl Lil Miquela mit fast 3 Mio Followern, die schon seit 2016 „existiert“. Sie beschreibt sich auf ihrem Instagram Kanal selbst als KI Roboter aus LA. Sie wurde zwar mit CGI (Computer-Generated Imagery) erstellt, aber ein menschliches Team steuert ihre Interaktion mit ihren Followern.
Etwas näher an eine vollständige KI Influencerin kommt Kuki Ai. Auf ihrer Website kann man mit ihr als Chat Roboter agieren. Allerdings erstellen ebenfalls Menschen ihren Content auf Social Media. Am nähesten an eine vollständige KI Influencerin kommt wohl die schwedische, virtuelle Influencerin Esther Olofsson. Vier verschiedene AI Tools erwecken sie zum "Leben": Stable Diffusion generiert ihre Bilder, Movio animiert ihre Bilder, ChatGPT erstellt ihre Postingtexte, und Replica Studio generiert ihre Stimme. Trotzdem braucht es Menschen, um die Befehle in die AI Tools einzugeben und die Postings auszuwählen und zu posten. Spannend ist dabei, dass ihre Follower Vorschläge machen können, was sie als nächstes erleben soll und dem Team selbstgenerierte Bilder von Esther aus Stable Diffusion als Inspiration schicken können.
Erfolge
Vor allem in der Modebranche schließen virtuelle Influencer große Werbedeals ab. Shudu Gram ist seit 2017 ein virtuelles Instagram Model, das regelmäßig Bilder von sich postet und aktuell 238.000 Follower verzeichnet. Sie war schon auf Covern von Modemagazinen wie dem Zipped Magazine oder Harpers Bazaar Arabia zu sehen. Außerdem zeigte sie sich schon mit Schmuck von Oscar De La Renta, einem Lippenstift von Fenty Beauty oder Kleidung von Ellesse. Die erwähnte Lil Miquela wurde schon für ein Instagram Takeover für Prada und Werbung für Calvin Klein eingesetzt.
Aber auch Deals mit Porsche und anderen Automarken mit virtuellen Influencern kamen schon zustande. Imma, eine virtuelle Influencerin mit aktuell 400.000 Followern auf Instagram war 2019 in einer Porsche Werbekampagne für den elektrischen Porsche Taycan zu sehen. Und Miquela postete 2021 in einer Werbekampagne für MINI Cooper.
KFC sprang 2019 ebenfalls auf dem Zug auf und postete in einer Instagram Kampagne Bilder von Colonel Sanders, dem Gründer von KFC höchstpersönlich, als jungen virtuellen Influencer. Damit wurde die ganze Marke personifiziert.
Immer mehr Unternehmen erkennen das Potential. So macht die Kosmetikmarke Maybelline im Metaverse mit einem Avatar Werbung für ihre neuen Produkte. Unternehmen wollen sich damit von ihrer innovativen und zukunftsorientierten Seite zeigen und vor allem jüngere Zielgruppen erreichen. Das scheint auch gerade bei diesen Zielgruppen auf hohe Akzeptanz zu treffen, da sie schon mit animierten Filmen und Computerspielen aufwachsen.
Nach der Uncanny Valley Theorie akzeptieren wir einen Roboter, der menschliche Züge hat, aber nicht zu sehr menschenähnlich ist. Erst wenn Roboter perfekt an echte Menschen herankommen, steigt wieder die Akzeptanz. Die meisten virtuellen Influencer wollen auch einen echten Menschen simulieren. Dabei ist die Akzeptanz der Follower eine Gradwanderung. Trotzdem scheinen es viele virtuelle Influencer geschafft zu haben, mit ihrem Auftreten zu überzeugen.
Der virtuelle Influencer Nobody Sausage hat dagegen zwar auch menschliche Züge, ähnelt aber eher einer Cartoon Figur als einem Menschen. Er ist mit 5 Millionen Followern auf Instagram sehr erfolgreich, wobei er eher Reels auf Instagram oder TikToks von sich teilt, also kurze Videos, statt Bilder. 2022 war er Teil einer groß angelegten Werbekampagne von Hugo Boss. An diesem Beispiel wird auch der Gestaltungsfreiraum ersichtlich, der durch virtuelle Influencer möglich wird.
Die Produzent:innen hinter den Avataren können sich durch Werbeverträge eine goldene Nase verdienen. Wie auch bei echten Menschen schaffen es allerdings nicht alle KI Influencer eine so große Reichweite zu generieren. Sie verschwinden dann wieder genau so schnell wie sie gekommen sind. So postete Kiona Flash, die sich als Deuschlands erste virtuelle Influencerin bezeichnete, ihren letzten Post auf Instagram am 24. Februar. Lil Miquela verlor 2022 140.000 Follower ohne ersichtlichen Grund. Damit ist sie nicht allein. Insgesamt verloren 2022 57% der virtuellen Influencer Follower, dagegen sind 43% weiter gewachsen.
Vorteile eines KI Influencers
Vorteile für Unternehmen sind ähnlich zu anderen Bereichen, in denen Menschen mit Maschinen arbeiten. Die virtuellen Influencer sind zuverlässig, vollständig steuerbar, sie brauchen keine Pausen, es besteht keine Skandalgefahr und sie verlangen kein Gehalt. Eine KI kann sich sehr schnell an Änderungen anpassen. Das bringt Vorteile, da sich Plattformen rasant weiterentwickeln und die KI schnell lernt. Wenn sich ein Unternehmen einen eigenen Influencer erschafft, bringt das auch mehr Unabhängigkeit für das Unternehmen. Man muss nicht mit Markenbotschafter:innen, die keine Lust mehr haben oder mit steigender Reichweite mehr Geld verlangen, verhandeln.
Allerdings gibt es beim Einsatz von virtuellen Influencern einiges zu beachten. Wie bei menschlichen Influencern sollten die Werte mit der Marke übereinstimmen und auch dem Zeitgeist entsprechen. Außerdem sollte der virtuelle Influencer eine einzigartige Persönlichkeit haben und entsprechend konsistent handeln. So kann eine Bindung entstehen. Zusätzlich sollten Details aus dem Leben gezeigt werden, um sich nahbarer und persönlicher zu machen. Die Produkte sollten auch nicht einfach so präsentiert werden, sondern einen Mehrwert speziell für die Community bieten.
Wird es in der Zukunft keine menschlichen Influencer mehr geben?
Das klingt fast schon so als würde es aus unternehmerischer Sicht keinen Grund mehr geben, mit menschlichen Influencern zusammen zu arbeiten. Aber beispielsweise in Sachen Kreativität ist es sehr schwer, an echte Menschen heranzukommen. Außerdem zeichnen sich Influencer eben dadurch aus, dass sie echt sind und echte Emotionen zeigen. Dadurch können Follower eine emotionale Bindung aufbauen und sich in ihnen wieder erkennen. Das werden virtuelle Influencer wohl nie ganz erreichen können, da ihre Emotionen simuliert sind. Zudem haben sie keine eigene Meinung, sondern werden gesteuert, was nie 100-prozentig ehrlich erscheinen wird.
Aktuell nutzen Unternehmen KI Influencer als Markenbotschafter:innen, um herauszustechen. Wenn alle Unternehmen KI Influencer einsetzen, sind KI Influencer kein Alleinstellungsmerkmal mehr und echte Menschen werden wieder interessanter.
Allerdings kann es für Unternehmen auch nach hinten los gehen. So machte der alt eingesessene Jeans-Brand Levi Strauss öffentlich, dass in Zukunft verschiedene KI generierte Models, die Minderheiten repräsentieren sollen, für mehr Diversität und Vielfalt sorgen sollen. Die Antwort bestand in massiver Kritik der Nutzer:innen auf Social Media. Das Unternehmen solle lieber echte inklusive Models einsetzen und ihnen nicht die Model-Jobs wegnehmen.
Gefahren
Mit neuen Technologien besteht auch immer die Gefahr, dass diese missbraucht werden oder außer Kontrolle geraten. So twitterte 2016 Microsofts KI Chat Bot Tay rechtsradikale Inhalte, da er von den Interaktionen mit den Nutzer:innen lernte. Außerdem könnten unethische Werte von einer KI-Influencerin letztlich auch absichtlich verbreitet werden. Texte und Bilder, die von einer KI erstellt wurden, werden immer schwieriger von einem echten Bild unterscheidbar. Dadurch kann eine KI Tatsachen vortäuschen, die nicht stimmen oder nie passiert sind.
Tipp:
Um generierte Bilder zu erkennen, am besten auf unnatürliche Schatten, Fehler im Hintergrund, oft sich wiederholende Muster oder falsche Proportionen im Bild achten! Zudem gibt es bei generierten Bildern keine Quellenangabe.
Hinter einem Missbrauch von Technologien kann allerdings genauso gut ein Mensch stecken, nicht nur eine KI.
Zu guter Letzt verkörpern KI Influencer meist ein bestimmtes Ideal. Sie wirken perfekt und makellos, was einerseits mehr Distanz schafft, da echte Menschen Makel haben. Andererseits können sie dadurch unerreichbare Schönheitsideale noch stärker verbreiten. Nicht zu vergessen ist aber auch, dass Fotos von echten Models mittels Bildbearbeitung ebenso unrealistisch perfektioniert werden.
Insgesamt sind KI-Influencer und virtuelle Influencer ein interessanter Zukunftstrend, der wohl noch viel Entwicklungspotential hat. Wir sind gespannt, wo die Reise hingehen wird.
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